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Leid in Glück umwandeln

Spirituelle und psychologische Transformation

Transformation bedeutet Veränderung, Umwandlung einer Form in eine andere. Und da das ganze Leben eine ständige Umwandlung ist, finden wir den Begriff in sehr vielen Bereichen.

Es gibt die Transformation mit einer jeweils genau definierten Bedeutung in der Molekularbiologie, Linguistik, Bodenkunde, im militärischen Bereich, in der Politik, im Rechtswesen, in der Mathematik, Physik, Kunst, Medizin, Ökologie, Ökonomie etc. Wir wollen uns hier mit der spirituellen Transformation befassen.

Alchemie

Transformation verwandelt etwas in etwas anderes, im spirituellen Bereich in etwas, das als höher oder wertvoller erachtet wird als das, was vor der Veränderung da war. Die Alchimisten des Mittelalters wollten aus Blei Gold gewinnen, aber auch negative Emotionen wie Hass, Angst und Gier in positive wie Freude und Mitgefühl umwandeln.

Das transformatorische Prinzip geht zurück ins alte Ägypten, auf Hermes Trismegistos. Durch die antiken Naturphilosophen wurde es zu einem rationalen Wissen, das sich später die Araber zu Nutze machten, die auch den Begriff Alkimia prägten.

Laut Aristoteles ist die Materie passiv und geistig formbar. Und: Die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer können ineinander verwandelt (transmutiert) werden. Das versuchten technisch versierte Alchemisten wie Zosimus aus Panopolis (ca. 250 bis ca. 310 n. Chr.) in Werkstätten und Tempeln im hellenistischen Ägypten bereits vom 1. bis zum 7. Jahrhundert umzusetzen. Durch Destillation wurden die Essenzen von Pflanzen für medizinische Zwecke gewonnen, durch Erhitzung Substanzen getrennt und zu neuen Verbindungen verschmolzen - bildhaft als „alchemische Hochzeit“ dargestellt.

Im Materiellen wie im Geistigen ist für Alchemisten das Feuer der Schlüssel, der Katalysator zur Wandlung. So wie sich im Athanor, dem Ofen des Alchimisten, die Elemente durch kurze hohe Erhitzung oder durch lange, gemäßigte Wärmeeinwirkung verwandeln, so kann auch die starre Haltung eines Menschen durch das geistige Feuer der leidenschaftlichen Suche nach Wahrheit und Erkenntnis aufgelöst werden. Bewusstheit transformiert Angst und Enge in innere Freude und Offenheit.

Die seelische, innere Komponente der Alchemie hat vor allem der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung (1875-1961) erforscht. Die verschiedenen alchemischen Vorgänge – wie beispielsweise die Umwandlung eines bestimmten Metalls in ein anderes – stehen bei ihm für die Entwicklung und Individuation des Menschen, d.h. für innerpsychische Prozesse. Und dieses Konzept knüpft an die spirituelle Transformation des Menschen an, wie sie schon in der alten indischen Philosophie am Bild des Lotus veranschaulicht wird, der seine wunderschöne Blüte aus den Wurzeln im Schlamm treibt.

Das Chakrasystem

Jeder kennt wohl das System der 7 Energiezentren, die bestimmten Bereichen unseres Körpers zugeordnet sind und durch Yogaübungen aktiviert werden können. Das Prinzip der Transformation setzt beim Wurzelchakra an, das für Überleben steht und arbeitet bzw. schlängelt sich als Kundalini (Schlangenenergie) gleichsam nach oben in die spirituell höheren Bereiche bis hin zur vollen Erleuchtung im Kronenchakra, dessen Bild der tausendblättrige Lotus ist.

Es gibt auch den Ansatz, dass eine unwillkürliche Aktivierung des höchsten Chakras, die spontane Erleuchtung, gleichsam von oben herab die unteren Ebenen in Ordnung bringt. Das würde ich Transzendenz im Gegensatz zu Transformation nennen. Hier ein paar Tipps zum Weg durch die Chakren aufwärts. Die Übungen werden ganz einfach jetzt beim Lesen ausgeführt.

Ich stelle mir vor, ich lasse gerade Wasser, ein guter Strahl, und nun muss ich den plötzlich anhalten. Da zieht sich etwas im Beckenboden zusammen. Dieser sogenannte PC Muskel ist wichtig, um die sexuelle Energie zu kontrollieren und über die höheren Chakren bis ins Scheitelchakra zu kanalisieren. Das kann ich jetzt und bei jeder Gelegenheit üben: Ich spanne den Beckenbodenmuskel an und entspanne wieder. Zehnmal, hundertmal hintereinander, so oft ich möchte.  Laut Gerhard Eggetsberger und seinen vielen Tests wird auf diese Weise ein Energieimpuls ins Gehirn gelenkt, der einer kleinen Erleuchtung gleichkommt. Mehr Energie und Klarheit für den ganzen Tag!

Eine Übung für das Herzchakra, das sich in der Mitte befindet und wie eine Brücke zwischen Materie und Geist, Trennung und Einheit ist: Ich atme jetzt bewusst, langsam, langsamer, spüre die Luft an den Nasenlöchern und folge dem Atem ins Körperinnere mit der Aufmerksamkeit. Beim Ausatmen wünsche ich, dass es allen Lebewesen gut geht, ich sehe im Geist lachende, glückliche Menschen. Beim nächsten Einatmen sehe ich Leid und Trauer, die ich in mich  ufnehme, ohne daran zu haften. Im Atem gehen sie ein in eine Leere, die zugleich Licht ist und verschwinden darin für immer. Beim Ausatmen gebe ich wieder alles Gute, Schöne und Liebe aus dem Herzen in die Weite der Welt zurück.  Das ist die tibetische Tonglen-Meditation.

Nun richt ich meine Aufmerksamkeit auf das, was wahrnimmt und diese Zeilen liest. Aktivierung des Kronenchakras. Es kann dabei der Laut OM entstehen. Oooommm. Jetzt kurz innehalten, die Augen schließen und beim OM darauf  achten, für wen oder was dies geschieht!

Emotionen ohne Abwehr erleben

Es hat manchmal den Anschein, als würden in den spirituellen Traditionen Sex und negative Emotionen verurteilt oder übergangen. Der Lehrer ist weise, gelassen und verständnisvoll.  Wenn er ausnahmsweise mal wütend, beleidigt, lüstern oder ängstlich erscheint, dann ist das nur ein Trick, um seine Schüler an die Erleuchtung heranzuführen. Angenommen, ein echter spiritueller Meister ist über negative Gefühle und Gedanken tatsächlich erhaben, dann gewiss nicht, weil er sie stets ignoriert und verdrängt hat. Vielmehr hat er sich ihnen bewusst gestellt und sie auf diese Art transformiert.

Schon in der über 2000 Jahre alten Schrift Vigyana Bhairava Tantra werden dazu Übungen empfohlen. „Lege dich hin wie tot. Wutentbrannt, verharre so. Oder: starre, ohne mit der Wimper zu zucken. Oder: Sauge etwas und werde zum Saugen.“ Jede Empfindung, sei sie unangenehm oder angenehm, soll ohne jeden Filter oder Abstand so wahrgenommen werden, wie sie jetzt ist. Das führt zu einer Verwandlung des Erlebens und des Bewusstseins.

Was Furcht betrifft, schlägt die Buddhistin Barbara Märtens vor: „Du lädst die Dinge ein, die der Erleuchtung im Weg stehen. Es heißt nicht, dass du Kamikaze-Aktionen unternimmst, es heißt auch nicht, dass du härter mit dir umgehst, vielmehr bedeutet es, dass du deine Furcht da sein lässt, ohne aggressiv oder manipulativ zu werden. Du lässt sie einfach anwesend sein, mit Freundlichkeit und einem offenen Herzen. Du erstarrst nicht, wenn du die Angst im Nacken fühlst, wenn dein Magen sich verkrampft oder wenn dein Herz anfängt, schneller zu schlagen. Du begegnest deiner Angst mit der Frage: Wohin führt sie mich? Buddha sagte, wenn etwas uns schmerzt, haben wir die Tendenz, weg zu laufen und stattdessen das Vergnügen zu suchen. Aber der Pfad der Furchtlosigkeit geht genau in die entgegengesetzte Richtung.“

Purna Steinitz, Begründer des Changes-Programms und Schüler von Yogi Ramsuratkumar und Lee Lozowick, schreibt:

„Einer der schönsten und gleichzeitig scheinbar schmerzhaftesten Aspekte des Weges wird ‚die Wunde der Liebe’ genannt, ‚das gebrochene Herz’ oder ‚Verletzlichkeit’. Das Gehirn kann auf zwei Arten funktionieren. Zum einen verteidigen  wir uns gegen Verletzung und Enttäuschung, oder gegen Schmerz, der zu groß ist, um ihn aushalten zu können. Unsere Verteidigungsmechanismen schützen uns vor dem Mangel an Sensibilität und vor der Brutalität der profanen Welt. Die andere Gehirnfunktion liegt in der Verletzlichkeit selbst. Unsere Bereitschaft, das Leiden des Lebens ganz und gar zu erleben, ermöglicht eine Alchemie, die uns von der Abwehr zur Akzeptanz dessen, was ist, führt. Der wirkliche Mensch wagt sich immer wieder mutig hinaus, um zu erfahren, was das Leben in Wirklichkeit ist - Freude und Schmerz, frei von Projektionen. Und wir verstehen von vornherein, dass das Leben nicht notwendigerweise sicher ist.“

Transformation ist Gegenwärtigkeit

Leiden hat meist mit Erinnerungen zu tun. Wir denken an Situationen, in denen wir gedemütigt und seelisch verletzt wurden, ein Gefühl von Scham, Schuld, Minderwertigkeit oder Rachsucht kommt hoch – und das nicht nur einmal,  sondern immer wieder. Der australische spirituelle Lehrer Barry Long prägte den Begriff „Schmerzball“, um der unangenehmen und zugleich oft vagen, nicht greifbaren Empfindung im Bauchbereich eine konkrete Form zu geben, auf die  wir uns unmittelbar beziehen können, in die wir sogar ganz eintauchen sollten, in dem Moment, wo wir die Empfindung bemerken.

So verhindern wir ihren typischen Auswuchs zu negativen Gedanken und weiteren Emotionen, wir halten den Schmerzball mit der Aufmerksamkeit gleichsam umklammert. Und jedes Mal, wenn uns das gelingt, wird der Ball, der sich aus  allen Verletzungen der Vergangenheit angesammelt hat, kleiner. Eckart Tolle hat diese Übung in seinem Buch „Jetzt!“ einem großen Kreis von Menschen bekannt gemacht.

Viele heutige Satsanglehrer – wie Samarpan oder Pyar - und spirituell ausgerichtete Psychologen wie Christian Meyer leiten in ihren Gruppen dazu an, die jeweils auftauchende Empfindung so direkt wie möglich zu erleben, mit ihr zu verschmelzen. Entweder, um sie „zu verbrennen“ und in ein Gefühl der Leichtigkeit und inneren Weite zu gelangen, oder auch einfach nur, um im Moment sein zu können.

Fazit

Soweit ist das Prinzip der spirituellen Transformation vielleicht verständlich geworden, und zwar an alltäglichen Beispielen und durchaus praktikablen Übungen. Zunehmend halten diese Gedanken auch Einzug in die Trainings hochrangiger Manager, die lernen wollen, den Anforderungen in ihren Unternehmen durch Präsenz gewachsen zu sein.

Auch bei der aktuellen Diskussion, wie wir unsere Einstellung und unseren Lebensstil angesichts der drohenden ökologischen Probleme wie Klimawandel ändern können, spielen Strategien und Einsichten aus der spirituellen Transformation eine wichtige Rolle. Wir müssen zum Beispiel verzichten lernen, d.h. Gier und Bequemlichkeit in Gegenwärtigkeit und Verantwortungsgefühl umwandeln.

Einige Themen und Theorien im Rahmen der spirituellen Transformation habe ich nur kurz oder gar nicht angesprochen. Wie ist es zum Beispiel zu verstehen, dass sich beim Heiligen Abendmahl die Oblate und der Wein laut katholischer Kirche tatsächlich in den Leib und das Blut Christi verwandeln? Oder wie soll es möglich sein, den physischen Körper in einen unsterblichen Licht- oder Energiekörper zu verwandeln – wie zum Beispiel der Taoist Dr. Chang in seinem Buch  „Tao der Sexualität“ behauptet? Auch einige Aussagen von Yogananda, Sri Aurobindo und anderen Meistern deuten in diese Richtung. Hier kommen wir wohl an die Grenzen des Verstandes. Ich für meinen Teil bin vorerst froh, wenn  ich ein paar störende Verhaltensmuster und unangenehme Zustände akzeptieren und durch bewusste Wahrnehmung in etwas transformieren kann, was mich glücklicher, wacher und authentischer macht.

Buchtipp: Gerhard H. Eggetsberger, Power für den ganzen Tag

 Christian Salvesen

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