
Im Gespräch mit dem Öko-Förster Peter Wohlleben
In seinem Revier in der kleinen Eifel-Gemeinde Hümmel hat Förster Peter Wohlleben konsequent ein Öko-Konzept umgesetzt, welches langfristig dazu führen soll, dass die hierzulande nicht heimischen Nadelbäume verschwinden und der Laubwald wieder dem Ideal eines Urwaldes nahekommt.
Obwohl sein Ansatz erfolgreich ist, rennt Peter Wohlleben bei Försterkollegen, Holzindustrie und Jägerschaft nicht gerade offene Türen ein.
Im Titel Ihres Buches heißt es: Der Wald – ein Nachruf. Das klingt wenig optimistisch, besonders wenn man liest, was Sie in Ihrem Gemeindewald in Hümmel umsetzen konnten. Ist wirklich schon Hopfen und Malz verloren?
Nein, das ist es in der Natur zum Glück nie. Es ist immer eine Frage der Zeiträume, der Perspektive und des Optimismus, den man sich erhält. Aber der Status quo ist tatsächlich, dass es den Wald im Sinne eines echten Ökosystems gar nicht mehr gibt. Insofern ist der Titel Nachruf schon gerechtfertigt. Aber Sie haben vollkommen Recht, für die Zukunft ist noch nicht Hopfen und Malz verloren.
Sie sagen, in Mitteleuropa gebe es keine echte Natur mehr, sondern nur Kulturlandschaften. Wie definieren Sie Natur?
Dazu muss ich ein wenig ausholen, da es ein Deutschland-spezifisches Problem ist. Wir definieren hierzulande Natur anders als beispielsweise in Brasilien. Dort sagt man ganz klar: Natur sind nur Primärregenwälder. Alles andere, wie Sekundärwälder – da sagt es schon der Name –, ist zweitrangig und nicht mehr so viel wert, weil es danach entstanden ist. Dann wird weiter abgestuft bis hinunter zu den Steppen, die aus ehemaligem Regenwald entstanden sind und wo heute Rinder grasen.
Bei uns ist Natur etwas ganz Anderes. Dabei handelt es sich oft um schöne Kulturlandschaften, die jedoch auf dem Stand von vor 200 Jahren stehen geblieben sind. Der Klassiker sind die Wacholderheiden, die viele Menschen sehr idyllisch finden. In Wirklichkeit handelt es sich dabei aber nur um heruntergekommene Kulturlandschaften. Der Wacholderheide-Boden ist ausgelaugt, kaputt gemacht; er sieht zwar schön aus, aber für die Natur ist er eine Vollkatastrophe. Das bezeichnen wir heute als Natur.
Buchtipp: Peter Wohlleben, Der Wald - ein Nachruf: Wie der Wald funktioniert, warum wir ihn brauchen und..
Claudia Hötzendorfer
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