Magazin Visionen - Einfach. Besser. Leben.

Jede Seele sehnt sich nach ihrer Urheimat in Gott, und diese Sehnsucht wird sie bis zu ihrem Ziel tragen.

Die Unruhe des Herzens
Bei genauer Überlegung müssen wir feststellen, wie sehr wir für die grundlegendsten Dinge des Lebens von der Güte und Barmherzigkeit Gottes abhängig sind. Und dennoch haben die meisten von uns kein großes Interesse, den Geber all dieser Dinge kennenzulernen und eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Das bereuen wir besonders dann, wenn wir in schwierigen Situationen Gottes Hilfe brauchen könnten, aber keine tragfähige Verbindung zu ihm haben. Erst dann, wenn wir Gott schmerzlich vermissen, spüren wir ein Verlangen nach Gott und beginnen darüber nachzudenken, wie wir solches Sehnen und Verlangen nach Gott zu einem festen Bestandteil unseres Lebens machen könnten.

Der Verstand hat seine Grenzen
Diese Sehnsucht kann nicht durch Denken oder Intelligenz entstehen. Denn je mehr wir über Gott nachdenken, desto mehr Widersprüchlichkeiten erkennen wir in unserem Gottesverständnis.

Zum Beispiel wissen wir, dass Gott gerecht ist und jedem entsprechend seinen Taten vergilt – „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ lautet hier das Gesetz (Gesetz des Karma bzw. des Handelns). Aber wir fragen uns, warum wir uns nach Gott sehnen sollten, wenn Er in Seiner Gerechtigkeit darauf besteht, dass wir für jede einzelne unserer Handlungen deren Rückwirkungen ertragen müssen. Mit diesem Gesetz des Karma konfrontiert, können die Menschen nicht einmal gelten lassen, dass Gott ebenfalls barmherzig ist. Selbst ausgesprochen intelligente Menschen mit hoher Bildung verlieren sich in Abwägungen, ob Gott nun eher gerecht oder eher barmherzig sei. Angesichts dieser beiden Attribute Gottes – einerseits die Gerechtigkeit und andererseits die Barmherzigkeit – können sie sich nicht vorstellen, dass es sich um ein und denselben Gott handelt. Als Konsequenz gelangen sie zur Auffassung, dass der Gott des Alten Testaments der gerechte und strafende Gott war, und dass der Gott des Neuen Testaments der barmherzige sei.

Meditation beseitigt Unklarheiten
Natürlich ist es so, dass wir dann intensiv an Gott denken, wenn wir in Schwierigkeiten sind. Aber sobald der Druck nachlässt, vergessen wir Gott wieder. Solche Schwankungen in der Haltung Gott gegenüber sind nicht gerade förderlich, wenn es darum geht, ein tiefes Verlangen nach Gott zu entwickeln. Vielmehr wird dieses Verlangen dadurch gefördert und vertieft, dass wir eine eigene persönliche Erfahrung von Gott machen. Dies ist aber nur auf dem Wege der Meditation möglich.

Wenn wir in der Meditation Gottes Barmherzigkeit selbst erfahren, mag jeder daherkommen und klagen, wie grausam, gerecht und strafend Gott ist – wir werden ihm nicht glauben, weil wir unsere eigene Erfahrung von Gott gemacht haben. Die zwei gegensätzlichen Attribute Gottes – einerseits die Barmherzigkeit und andererseits die Gerechtigkeit – werden verständlich, wenn wir in der Meditation unsere eigene Gotteserfahrung machen. Alle Zweifel in Bezug auf Gott werden in der Meditation ausgeräumt, und so kann das Verlangen nach Gott wachsen.

Auch die heiligen Schriften können wir immer besser verstehen, wenn uns in der Meditation eine persönliche Gotteserfahrung zuteilwird. Angenommen, wir erfahren Gottes Wegweisung in der Meditation, dann sind wir überzeugt, dass Gott uns Seine Hilfe angedeihen lässt und dass wir uns darauf verlassen können.

Fünf-Minuten-Meditation
Anfangs, wenn wir erst mit der Meditation beginnen, haben wir nicht das geringste Vertrauen in sie oder in die Theorie des spirituellen Pfades. Aber wenn wir die Führung, die Hilfe und den Schutz Gottes erfahren, spüren wir das Wesen Gottes und fassen Vertrauen. Das Verlangen nach Gott kann nur auf der Basis der Meditation wachsen. Aber das heißt nicht, dass wir stundenlang zur Meditation sitzen müssen. Fünf Minuten echte Meditation können dieselbe Wirkung haben, wie wenn wir stundenlang zur Meditation säßen.

Wenn ich gelegentlich sage, dass man dieselben Resultate in fünf Minuten Meditation erreichen kann, beklagen sich viele bei mir darüber, ich hätte sie aufgefordert, täglich zwei Stunden für die Meditation einzusetzen, und jetzt seien es auf einmal nur noch fünf Minuten. Warum sollten sie dann noch zwei Stunden dafür einsetzen? Diese Fünf-Minuten-Meditation dient aber nur dazu, eine Erfahrung zu bekommen und den Geschmack der Meditation kennenzulernen, so dass man daran denkt, wenn man sie braucht.

Wenn wir noch nicht in die Meditation eingeführt worden sind, kennen nur die Freuden der Sinneswelt und haben von den Segnungen und der Seligkeit der Meditation keine Vorstellung. Aber wenn man die praktische Erfahrung einer regelmäßigen täglichen Fünf-Minuten-Meditation erworben hat, genießt man in Momenten der Not den Vorteil eines leichteren Zugangs zur Meditation.

Ständig an Gott denken
Das Allerwichtigste ist, unentwegt an Gott zu denken. Indem wir ständig an Gott denken, wächst unsere Sehnsucht nach Ihm.

Wir sollten es uns angewöhnen, zuallererst an Gott zu denken, wenn wir etwas brauchen. Wir sind jedoch an die Welt der Sinne gebunden. Tagsüber denken wir an die Dinge dieser Welt und nachts träumen wir von ihnen, weil unser Geist ständig mit ihnen beschäftigt ist. Aber wir können diesen Prozess im Sinne der Spiritualität umkehren: Indem wir an Gott denken, stärken wir unser Verlangen nach Gott.

Gottes Weisheit akzeptieren
Drittens können wir die Sehnsucht der Seele nach Gott entwickeln, indem wir Ihm gehorchen. Gott zu gehorchen bedeutet zu akzeptieren, was Gott will, dass wir tun. Gott wird uns natürlich nicht jeden Augenblick vorschreiben, was wir zu tun haben, sondern Er hat von vornherein alles für jeden Augenblick festgelegt, denn wir müssen uns den Auswirkungen unserer Handlungen in früheren Leben stellen, und wenn wir diese freudig bejahen, akzeptieren wir damit Gottes Willen. Ein Weg, Gott zu gehorchen, besteht also darin, frohgemut hinzunehmen, was immer uns das Leben bringt, da es von Gott ausgeht. So wird unsere Sehnsucht nach Gott genährt.

Wie eingangs erklärt, können wir dieses Verlangen nicht auf der Basis des Verstandes und der Intelligenz entwickeln. Vielmehr kann es nur dadurch entstehen, indem wir Gott in Seiner Weisheit walten lassen. Wenn wir entsprechend der göttlichen Weisheit handeln, können wir jedes Resultat bejahen, wie immer es auch aussehen mag. Kann sein, dass das auf unser Karma zurückzuführende Ergebnis für uns momentan inakzeptabel ist. Wenn wir aber später erkennen, dass die göttliche Weisheit damit einen bestimmten Zweck für unser Leben verfolgte und unser Karma auflöste, können wir es dankbar annehmen.

Sich Gott überantworten
Indem wir uns Gott überantworten, entsteht diese Sehnsucht nach Gott von selber. Sich Gott zu überantworten bedeutet, sich nicht mehr auf die eigene Intelligenz zu verlassen, sondern auf Gott zu bauen – auch wenn das anderen Leuten einfältig und naiv vorkommt. Wir überlassen uns der Hand Gottes. Wir setzen unsere eingeschränkte Intelligenz nicht mehr ein, sondern akzeptieren einfach, was Gott will, dass wir tun. Wenn wir uns so verhalten, steht uns Gottes Hilfe und weise Führung jederzeit zur Verfügung.

Ob es nun darum geht, ständig an Gott zu denken oder Ihm in allem zu gehorchen oder sich Gott zu überantworten – all das wird durch die Praxis der Meditation verwirklicht. Die Meditation ist letztlich der einzige Weg, wie wir Sehnsucht nach Gott entfalten können. So einfach ist die Meditation, ein direkter Weg: Wir denken an Gott, und wir sind bei Ihm. Aber – und das ist das Entscheidende – an Gott zu denken trägt nur dann gute Früchte, wenn wir dabei vor dem Altar Gottes stehen bzw. uns im Dritten Auge befinden. Je mehr wir die Seele über das Körperbewusstsein hinaufsteigen und im Dritten Auge verweilen lassen, desto größer wird die Sehnsucht nach Gott.

Manchmal denken die Leute, es sei so einfach, dass sie gar nichts zu tun bräuchten, um Sehnsucht nach Gott zu entwickeln. Aber ich bin der Meinung, dass es der Disziplin und sehr gewissenhaften Selbstüberprüfung bedarf, um unentwegt und zu jeder Zeit an Gott denken zu können. Wenn das gelingt, ist alles, was man tut, Meditation.

Soami Divyanand (1932-2014), Meister des Surat-Shabd-Yoga, lehrte mehr als 35 Jahre lang den Pfad des inneren Lichtes und Klangs. Veden-Übersetzer und Autor zahlreicher Bücher.

BUCHTIPP
Soami Divyanand: Spirituelle Unterweisungen (Sandila)

Soami Divyanand

Foto(s): Thinkstock

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