Die Inuit auf Grönland spüren die Auswirkungen der Klimaveränderung am dramatischsten. Im VISIONEN-Interview erzählt Angaangaq Angakkorsuaq über seine Botschaft, die nicht überall wirklich verstanden wird.
Seit wann versuchen Sie Menschen auf den Klimawandel in Ihrer Heimet aufmerksam zu machen?
1975 baten mich meine Eltern, der Botschafter für die Ältesten zu sein.
Was bedeutet es, Botschafter für die Ältesten zu sein?
Es heißt, dass ich wieder nach Hause komme und berichte, wen ich getroffen, was ich gesehen, was ich erlebt und was ich gehört habe. Diese vier Dinge waren meine Aufgabe.
Das war also Mitte der 1970er Jahre. Wie haben die Menschen reagiert?
Die englischsprachige Welt, die ich bereiste, wusste nichts über den Norden. Sie hatten noch nie vom Klimawandel gehört und sie realisierten icht, dass die Eisschmelze ein Warnzeichen dafür ist. Weil es sie, dort wo sie lebten, nicht betraf. Überall machte ich die Erfahrung, dass man mir gebannt zuhörte. Ich erhielt auch jede Menge Applaus. Aber ich kam auch mit einer Botschaft. Doch niemand wollte diese Botschaft hören. Ich war so frustriert, dass ich nach einigen Jahren des Herumreisens ganz aufgeben wollte.
Was hat Sie trotzdem weitermachen lassen?
Ich habe weitergemacht, weil man es mir aufgetragen hat. Ich erzählte meiner Mutter von meinem Frust. Sie sagte, Sohn, du musst etwas ändern. Du musst lernen, das Eis in den Herzen der Menschen zu schmelzen. Nur so, haben sie eine Möglichkeit zu verstehen.
Wie sollen Menschen weise handeln, wenn sie die Erfahrungen der Alten nicht mehr respektieren und ihrem Rat nicht mehr vertrauen?
Die Menschen haben den Kontakt zu den Ältesten genauso wie ihre Zeremonien verloren. Das ist überall auf der Welt so. Doch das brauchen wir eute mehr denn je, um zu verstehen, was um uns herum passiert. Wir müssen wieder lernen unser Wissen weise einzusetzen.
Claudia Hötzendorfer