
Liebe Leserin. lieber Leser,
Wie wird das Flüchtige zum Permanenten, wie kommt ein Gedanke, ein Gefühl gar, aufs Papier?
Die deutsche Lyrikerin Ulla Hahn beschreibt diesen Weg: „aus dem Kopf durch den Körper in die Hand.“ Auch Dichterin Sarah Kirsch schreibt ihre Gedichte meist mit der Hand, denn „der Schreibvorgang muss sich aus dem Gehirn direkt auf das Papier übertragen. Es muss ein Fluss sein durch meinen Füllfederhalter.“ Wer von Berufs- oder Berufungswegen schreibt, weiß, dass es einen enormen Unterschied macht, ob man der Muse mit einem Laptop nachzueilen versucht - oder sich ihr behutsam mit einem Stift in der Hand nähert.
Schreiben von Hand besitzt unbestritten eine vollkommen andere Qualität als das Tippen auf einer Tastatur. Das mag daran liegen, dass es meist änger dauert und so den Gedanken mehr Raum lässt, sich frei zu entfalten. Es mag der Haptik des Vorgangs geschuldet sein, der gleichförmigen, fließenden Bewegung, mit der die Feder das Papier küsst. Es mag im ästhetischen Empfinden wurzeln, das sich an schönen Utensilien und hochwertigem Papier erfreut. Aus all diesen Gründen nimmt das Handschriftliche in unserer digitalen Zeit eine Sonderstellung ein. Gerade dann, wenn es um das Schreiben von Briefen geht, von Grüßen oder Weihnachtskarten, ist diese altmodische Art der Kommunikation der Königsweg, der direkt vom Herz in die Hand führt.
Goethe schrieb, so schätzt man, rund 20.000 Briefe Zeit seines überaus produktiven Lebens. Unerreicht die "Briefe an einen jungen Dichter", die Rilke, der bedeutendste deutschsprachige Poet, zu Papier gebracht hat.
Martina Pahr
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