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Spirituelle Leichtigkeit

Ein einfacher Lebensstil gilt als hilfreich für den spirituellen Fortschritt. Wie aber erkennt man am besten, was dafür notwendig und was absolut überflüssig ist?

Für den spirituell orientierten Menschen, der vor allem anderen die Freiheit seiner Seele anstrebt, steht immer wieder eine Überprüfung des eigenen Lebensstils an: Was brauche ich wirklich und wo belaste ich mich mit unnötigen (wenn auch angenehmen) Dingen und Aktivitäten? Um diese Bilanz durchzuführen, braucht man eine klare Definition, was unter „Notwendigkeit“ und was unter „Luxus“ zu verstehen ist.

Unter „Notwendigkeit“ verstehen wir in diesem Zusammenhang alles, was wir zum Leben brauchen. Wenn wir etwas als für uns notwendig einstufen, es uns  aber nicht beschaffen können, dann fällt es uns sehr schwer, ohne es zu leben. Und unter Luxusgütern verstehen wir Dinge, ohne die wir sehr gut leben  könnten. Luxus umfasst alles, was wir nicht unbedingt zum Leben brauchen; das heißt aber nicht, dass wir sie nicht in einem gewissen Sinn brauchen, sondern dass wir, wenn wir es nur wollen, ohne sie auskommen können.

Unterscheiden und entscheiden

Es ist sehr wichtig, dass wir zwischen Luxus und Notwendigkeit unterscheiden lernen. Der Grund ist folgender: Wenn wir unsere Bedürfnisse  kennen, müssen   wir die notwendigen Schritte unternehmen und die Beschaffung organisieren, denn ein Leben ohne sie ist nicht leicht. Außerdem steht aufgrund unserer karmischen Vergangenheit von vornherein fest, was für unseren jeweiligen Lebensweg notwendig ist. Wenn wir dennoch versuchen, ohne diese karmisch  notwendigen Dinge auszukommen, werden wir unser Leben nicht bewältigen können. Und wenn wir es trotzdem irgendwie schaffen, werden wir erneut  reinkarnieren, um die für heute vorherbestimmten Notwendigkeiten in ein neues Leben zu integrieren. Wenn wir also wegen eines falschen Verständnisses dieser spirituellen Zusammenhänge das Leben ohne diese Notwendigkeiten zu bestreiten versuchen, müssen wir mit Sicherheit ein nächstes Leben in Angriff  nehmen und müssen wieder in diese Welt geboren werden.

Die Last mit dem Luxus

Luxusgüter zu besitzen, ist hingegen  nicht durch früheres Karma vorherbestimmt. Man kann vielmehr sagen, dass die Anschaffung und das Anhaften an  Luxusgüter neues Karma schafft, so dass wir zumindest noch einmal wiedergeboren werden müssen. Und damit rückt das Ziel der spirituellen Freiheit noch  weiter in die Ferne.

Der Besitz von Luxusgütern bringt eine weitere Schwierigkeit mit sich: Es ist ja nicht notwendig, sich diese überf lüssigen Luxusgüter zu  wünschen und zu erwerben, aber wenn wir es trotzdem tun und sie nicht bekommen können, leiden wir unter dem Frust und Ärger der Enttäuschung. Luxus  ist also ein Hindernis für den Fortschritt auf dem spirituellen Pfad in der Hinsicht, dass wir unglücklich sind, wenn sich unsere Wünsche nicht erfüllen; wir fühlen uns schlecht und können uns deshalb nicht mit ganzem Herzen dem spirituellen Pfad widmen.

Wenn wir die Dinge in unserem Leben daraufhin  ntersuchen, ob sie zur Notwendigkeit oder zum Luxus zählen, werden wir in den meisten Fällen entscheiden, dass sie unbedingt notwendig und keineswegs als Luxus zu betrachten sind. Auch dem spirituell orientierten Menschen kommt alles, was er hat, notwendig vor; warum sollte er sich dann noch mit der Frage  efassen, ob etwas Luxus ist? Jeder spirituell orientierte Mensch behauptet, dass er ein einfaches Leben führt. Er ist davon überzeugt, dass er sorgfältig all seine Güter und Aktivitäten erwogen und geprüft hat, und findet, dass er nur mit dem Nötigsten auskommt.

Wir müssen also andere Maßstäbe anlegen, um  wischen  Luxus und Notwendigkeit unterscheiden zu können.

Das Notwendige ist uns sicher

Zunächst besteht das Notwendige  aus all jenen Dingen, ohne die wir nicht auskommen können. Wir müssen z.B. atmen, also ist Luft unabdingbar, ohne sie  können wir nicht leben. Auch Nahrung ist eine Notwendigkeit, denn wir können vielleicht einige Tage ohne Verpflegung leben, aber nicht gänzlich ohne. Nun fragt es sich, welche Speisen für das Überleben des Körpers notwendig sind. Hier müssen wir unseren Speisezettel genauer unter die Lupe nehmen. Und wir  werden sehen, dass viele Gerichte überflüssig sind, weil sie weder zu unserer Gesundheit beitragen noch für unser Überleben notwendig sind. Als Nächstes  benötigen wir eine Unterkunft, denn ohne Dach über dem Kopf können wir nicht überleben. Es kommen noch viele weitere Dinge hinzu; man kann eine lange  Liste von Sachen aufstellen, die wir für unser Leben als notwendig erachten.

Wir wissen jedoch, dass uns alles Notwendige aus karmischen Gründen vorherbestimmt ist; notwendige Dinge müssen wir bekommen bzw. sie müssen in  unserem Leben auftauchen und vorhanden sein, weil sie Bestandteil unseres Schicksalskarmas für das gegenwärtige Leben sind. Es ist überliefert, dass Gott  zuerst alles andere erschuf, bevor Er den Menschen in die Welt setzte. Was immer wir in dieser Welt brauchen, ist im Voraus für unser Leben und für jeden einzelnen Tag festgelegt und bereitgestellt. Man kann es sich kaum vorstellen: Wenn wir z. B. 100 Jahre alt werden sollen, ist für jeden Tag, jeden Augenblick  alles Notwendige vorherbestimmt  – was wir essen, womit wir uns kleiden, wem wir begegnen, wie wir uns verhalten. Vorherbestimmung bedeutet nicht, dass  wir all dieser Dinge bedürfen, sondern dass wir sie tatsächlich erhalten.

Wenn also gewiss ist, dass alles, was wir brauchen und was für uns gut ist, arrangiert wird und dass wir es zum richtigen Zeitpunkt bekommen werden, warum  sollten wir uns deswegen Sorgen machen? Jesus Christus sagte: „Darum sollt ihr euch nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen oder was werden wir  trinken oder womit werden wir uns kleiden? … Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch das alles zufallen“ (Matth. 6, 31;33). Aber wie viele von  uns schenken seinen Worten Glauben? In der Regel machen wir uns überflüssigerweise Sorgen darüber, ob wir alles Notwendige erhalten werden oder nicht.

Künstliche Notwendigkeiten

Aber es gibt einen weiteren Punkt zu  beachten, nämlich, dass unsere Grundbedürfnisse in Wirklichkeit viel geringer sind, als wir meinen. Nehmen wir zum  Beispiel die Kleider, die wir brauchen, um den Körper zu bedecken und ihn vor der Witterung zu schützen. Jesus Christus schrieb seinen Aposteln vor, nur zwei Garnituren Kleider zu besitzen, eine zum Tragen und die andere in Reserve, um sie bei Bedarf wechseln zu können. Jesus erachtete also für die Bekleidung nur  zwei Garnituren als notwendig und instruierte seine Jünger entsprechend. Aber wenn wir uns die Garderobe der Priester anschauen, werden  wir zahlreiche  Gewänder finden, denn je nach Gottesdienst und sonstigem Anlass müssen sie sich mehrmals am Tag umziehen. So werden neue Notwendigkeiten geschaffen. Auf diese Weise legen wir gemäß  unseren Wünschen und Vorstellungen künstliche Notwendigkeiten fest und reden uns dabei selbst ein, dass wir doch ein  einfaches Leben führen. Dabei sollten wir wissen: Wenn wir mit für unser Überleben nicht notwendigen Luxusartikeln leben, verwickeln wir uns in neues  Karma.

Die einfachste Lösung

Angesichts all dieser Aspekte ist es gar nicht einfach zu bestimmen, was in Bezug auf das eigene Leben Luxus und was Notwendigkeit ist. Zudem machen wir  uns das Leben unerträglich kompliziert, wenn wir bei jeder Gelegenheit danach fragen, was jetzt notwendig ist und was nicht. Und auf Luxus zu verzichten,  obwohl wir uns insgeheim diese Sachen wünschen, macht das Leben bitter. Wie können wir diese Probleme lösen?

Ich rate zu einem möglichst einfachen Umgang mit der Frage: „Luxus oder Notwendigkeit?“Am einfachsten wird das Leben, wenn wir mit unseren Gedanken und unserer Aufmerksamkeit nicht  ständig bei den Notwendigkeiten verweilen; das befreit uns von Sorgen und Grübeleien. Es lebt sich leichter ohne die vielen Gedanken über Luxus und über die Dinge, die uns von selbst zufallen, ohne dass wir sie uns wünschten. Die ganze Angelegenheit ist ziemlich kompliziert, weil wir mit unserem Verstand gar nicht wissen können, was wir brauchen, was wir wollen und was nicht, und  was uns automatisch zufällt. Wenn wir uns  etwas wünschen, ist es also am besten, die Sache Gott zu überlassen: Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf Gott und bitten Ihn, uns zu leiten und uns zu  geben, was gut für uns ist, und nicht, was schlecht für uns ist. Diese Vorgehensweise wird uns wenigstens davor bewahren, beim Wünschen Fehler zu begehen, und wir können im Vertrauen auf Gott ein sorgenfreies Leben führen.

Auf diese Weise wird das Leben einfach, wir befassen uns nicht mehr mit dem Erwerb   von Luxusgütern und schaffen uns deshalb auch keine neuen Karmas. Denn bei dieser Vorgehensweise wird unsere Aufmerksamkeit zu Gott hingezogen und  ist nicht mehr auf diese Güter gerichtet. So sind wir weder den Dingen, die wir erhalten, verhaftet, noch sind wir enttäuscht, wenn wir bestimmte Dinge nicht erhalten.

Die beste Art, mit der schwierigen Unterscheidung zwischen Luxus und Notwendigkeit umzugehen, ist also, unsere Gedanken auf Gott auszurichten und es  Ihm zu überlassen. So lebt es sich leicht und unbeschwert, und wir sind glücklich und zufrieden.

Soami Divyanand

FOTO: Thinkstock

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