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Welt der Seele

Der gegenwärtige Zustand der Welt spiegelt den geistig-spirituellen Zustand der Menschheit. Wir sind aus der Balance geraten. Selbsterkenntnis und spirituelle Entfaltung sind notwendig.

Und damit kann jeder beginnen, egal wo er oder sie im Leben steht. Wohin man sich auch wendet, begegnet man derzeit äußerster Spannung und Angst; überall herrschen Verunsicherung und Ungewissheitvor. Ursache dieses allgemeinen Chaos ist die Ruhelosigkeit im menschlichen Gemüt. Und die individuelle Ruhelosigkeit spiegelt sich in der Rastlosigkeit, die wir aktuellbei den Völkern der Erde finden. Der Mensch hat die große grundlegende Wahrheit der spirituellen Vaterschaft Gottes und der Bruderschaftder Menschen vergessen. Daher kommt all der Kampf zwischen Menschen, Klassen, Gemeinschaften und Ländern.

Der Mensch hat auf verschiedenen Gebieten des Lebens kolossale Fortschritte gemacht, bemüht sich aber leider nicht, etwas über den Geist im Innern zuerfahren. In diesem Punkt ist er völligunwissend. Er hat die Geheimnisse des Sternenhimmels enträtselt,die Tiefen der Meere erforscht, begegnet mutig den Schneestürmen und Lawinenbeim Ersteigen der höchsten Berggipfel, und nun ist er in denWeltraum aufgebrochen, umVerbindungen zwischen den Planeten herzustellen. Es ist so traurig, konstatieren zu müssen, dass er bei alledem das Mysterium der menschlichen Seele in seinem eigenen Innern nicht untersucht hat. Die wesentlichste aller Fragen hat er immer übergangen und ist den Kernfragen des Lebens, die sich auf die Selbsterkenntnis und das Wissen von der Seele beziehen, geflissentlich ausgewichen, als wären sie nicht von Bedeutung.

Der Mensch mag alle Reichtümer dieser Welt besitzen, aber wenn er gar nichts über seine eigene Seele weiß, ist alles umsonst. Der letzte Sinn allen Wissens ist, dass man sich selbst erkennt. Maulana Rumi schrieb dazu: „Das Ein und Alles des Wissens ist eines nur, / dass man den wahren Wert seiner Seele kennt./ Von allem anderen kennst du den Wert, / doch welche Torheit – deinen eigenen Wert kennst du nicht.“ Aus Unkenntnis der lebenswichtigen Wirklichkeit in uns haben wir uns selbst zu Toren gemacht. Wie Jesus Christus sagte: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und dabei doch Schaden an seiner Seele nimmt?“

Die Spiritualität wiederbeleben

Das Gebot der Stunde ist es, der zeitlosen Wissenschaft der Spiritualität einen neuen Auftrieb zugeben und den Menschen ans Herzzu legen, auch ein spirituelles Lebenzu führen, und nicht nur ein materielles. Die gesamte Menschheit befindet sich in äußerster Unwissenheit. Die meisten führen ein rein egoistisches Leben und bereichern sich auf Kosten anderer. Zugleich stehen sie ratloswie zwischen zwei Mühlsteinen, nämlich einerseits der Wahrheit, wie sie von den spirituellen Meistern wissenschaftlich erklärt und gelehrt wird, und andererseits den strengen Formen und verhärteten Überbleibseln der Religion, die meist durch unwissende Theologen oder religiöse Fanatikergelehrt wird.

Die meisten von uns stehen im Bann der äußeren materiellen Welt, werden unwiderstehlich vom Leben der  Sinne angezogen und halten sich eher an das Motto: „Iss, trink und sei vergnügt!“ Wir haben dabei Gott – das Fundament des ganzen Universums! – überhaupt nicht nötig. Und auch wenn wir nach Gottsuchen, betreiben wir die Suche auf der Ebene der  Sinne, in der äußeren materiellenWelt. Wir suchen Ihn auf den Berggipfeln, im Wasser der heiligen Flüsse, im heißen Wüstensand, in Tempeln, Moscheen und Kirchen – und darum finden wir Ihn nicht. Je mehr wir Ihn im Äußeren suchen, desto mehr entzieht Er sich uns, und nun scheint Er für uns nicht mehr erreichbar zusein und wir haben allen Glaubenan Ihn verloren.

In solch trauriger Situation kommen von Zeit zu Zeit Meister-Seelen in die Welt, um der Menschheit spirituelle Führung zugeben. Ihre Botschaft ist eine der Hoffnung, und nicht der Verzweiflung. Sie kommen nicht, um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen– das Gesetz der Erlösung durch Gnade. Sie haben eine grenzenlose Liebe für alle Religionen und sagen kein Wort gegen sie. Sie geben lediglich die rechte Führung und weisen auf den rechten Pfad, der innen liegt und nicht außen; der der allernatürlichste Pfadist, weil ervom Schöpfer selbst vorgezeichnet wurde, und nicht von Menschen. Sie sagen uns, dass Gott existiert und dass alle Religionen nur ein Ziel haben, nämlich die Annäherung an Gott.

Zurück zur Quelle

Das Wort „Religion“ ist abgeleitet vom lateinischen Verb „ligare“, das „binden“ bedeutet. Die Vorsilbe„re“ heißt„wieder“. Das Wort „Religion“ bedeutet also „wieder binden, was getrennt oder abgesondert oder abgelöst war“, das heißt die Seele mit der Überseele bzw. mit Gott oder wie auch immer man die Quelle, den Ursprung allen Lebens bezeichnen mag. Wahre Religion in diesem Sinne ist das allgemeine Erbe der Menschheit, und nur der ist wahrhaftig religiös, der seine Seele mit der ihm innewohnenden Gotteskraft wiederverbunden hat

Die Meister sagen uns ferner, dass der menschliche Körper der wahre Tempel Gottes ist, da Gott den Menschen nach Seinem Ebenbild schuf. Der Geist (die Seele) und Gott (die Überseele) wohnen beide in diesem Körper, aber leider sind sie durch den eisernen Vorhang des Egoismus, des eigensinnigen Willens im Menschen, voneinander getrennt. In anderen Worten, die Braut (Seele) und der Bräutigam (Gott) liegen in dem selben Brautbett, haben aber ihr Gesicht durch die Äonen hindurch nicht gesehen.

Leider haben alle Religionen im Laufe der Zeit die ursprüngliche Idee aus den Augen verloren und bilden nur noch einen Sittenkodex für die rechte Lebensführung oder höchstens ein Kompendium ethischer und moralischer Prinzipien. Die Heiligen mischen sich darum nicht in die verkrusteten Überreste der Religionen ein, denn der Mensch muss sich notwendigerweise der einen oder anderen Gesellschaftsordnung mit ihrer jeweiligen Religionsauffassung anpassen und darin leben. Vielmehr weisen sie auf das ursprünglich allgemeine Ideal aller Religionen, den inneren Pfad der zu Gott führt, und sagen uns, wie Gott zu erreichen ist.

Keine bloße Theorie

Religion ist kein bloßer Leitfaden spiritueller Wahrheiten, keine bloße Theorie aufgrund von Schriftenstudium. Religion ist in der Tat der Weg zurück zu Gott oder das Verbinden der Seele mit der Überseele. Sie ist der Weg, der Pfad, der die Seele zu Gott führen sollte. Aber aufgrund von Vorurteilen, einer kleinlichen Gesinnung und unklarem Verständnis hält man es leider für ausreichend, wenn man lediglich gewisse Riten und Rituale befolgt, sich karitativ betätigt, eine besondere Kleidung trägt und verschiedene Regeln der sozialen Lebensführung beachtet oder hin und wieder bestimmte Mantras und Verse aus den heiligen Schriften aufsagt.

Während sich die ganze Welt auf die eine oder andere Weise mit äußerlichem Tun und Treiben abgibt, liegt das Reich Gottes gänzlich vernachlässigt im Innern – eine verlorene Provinz – und nicht einer wendet sich ihm zu. Alle Meister-Seelen weisen auf dieses innere Königreich hin, alle Schriften sprechen unmissverständlich von ihm. Doch mangels erfahrener Persönlichkeiten, die alle körperlichen und mentalen Begrenzungen hinter sich gelassen und die Wahrheit verwirklicht haben, haben wir die Wirklichkeit nicht begriffen.

Es gibt kaum einen Menschen, der uns etwas über den Weg im Innern des Körpers sagen kann; über die Methode, wie man ihn findet; über die vorbereitenden Maßnahmen für die Aspiranten und vor allem darüber, was einen unfehlbaren und sicheren Führer auf dem Weg von einer spirituellen Ebene zur nächsten bis ans letzte Ziel ausmacht. Andererseits begegnen uns jede Menge Lehrer, die uns nicht helfen können, aus der Großen Täuschung herauszufinden. Sie mögen sich in den Schriften gut auskennen, sind aber ganz und gar verloren, wenn es um die praktische Schulung und Führung geht, die für die Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung erforderlich ist und von der sie ebenso wenig wissen wie ihre Zuhörer und Anhänger. Die Schriften wiederum berichten von dem Weg, der herausführt, und beschreiben sogar die spirituelle Reise, aber sie können uns nicht tatsächlich auf den Pfad stellen, unsere Zweifel ausräumen und uns im Innern von einer spirituellen Ebene zur nächsten führen, noch können sie uns vor den Fallen und Gefahren schützen, die uns auf dem inneren Weg begegnen.

Der Stimme der Stille lauschen

Die Wahrheit ist, dass, solange ein Mensch nicht in vollem Bewusstsein seine Seele mit der Überseele verbinden kann, ihm all seine guten Werke und Taten nicht viel nützen. Nur auf den Schwingen der Liebe und Hingabe können wir Gott erreichen, nicht durch Nachdenken oder durch die Vorstellungskraft. Wir müssen erst durch fortwährende Meditationspraxis einen Zustand reinen Bewusstseins erwerben, der nicht beeinträchtigt ist von den ruhelosen Schwankungen des Gemüts und der Gedankenströme, welche andauernd und unbemerkt über die Seele hereinbrechen.

Gott ist das Meer höchster und beruhigender Stille. Solange wir diese beruhigende Stille nicht in uns haben, kann die Seele der Stimme der Stille nicht lauschen, die sich aus der tiefsten Tiefe der Stille erhebt.

Wenn wir dieser Stimme folgen, können wir die Quelle oder den Ursprung der Großen Stille, Gott genannt, erreichen und sind auf ewig gesegnet. Diese erhabene Stille ist die Wirklichkeit, die unwandelbare Beständigkeit, die Wahrheit oder Gott – man nenne sie wie man will. Sie kann durch die individuelle Seele erfahren und verwirklicht werden, aber das Gemüt und der Intellekt, die in der äußeren Welt wirken und durch sie allein geprägt sind, können es nicht begreifen. Man kann eintauchen in das Grenzenlose Meer, das im Innern liegt, aber man kann sich nicht einmal in seiner kühnsten Fantasie eine Vorstellung davon machen. Erst wenn wir die Welt der Sinne, das Gemüt und den Intellekt hinter uns lassen und weit über die mentale und kausale Ebene hinausgehen, können wir die Verwirklichung der Höchsten Seligkeit erfahren.

 Sant Kirpal Singh

Sant Kirpal Singh (1894–1974) wirkte von 1948 bis zu seinem Tod als spiritueller Meister des Surat-Shabd- Yoga. Auf seinen Vortragsreisen und als langjähriger Präsident der  „Weltgemeinschaft der Religionen“ erwarb er sich im Osten wie im Westen große Achtung und Sympathie.

FOTO: gettyimages

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