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Reifung ist eine der größten Aufgaben und Herausforderungen unserer Zeit. Aber wie geschieht Reifung? Der große Heiligenfelder Kongress widmet sich 2020 genau diesem Thema, der individuellen, organisationalen und gesellschaftlichen Reifung.

Gerade im Hinblick auf die Katastrophen in der Welt – ob verantwortungsloses Abholzen von Regenwald, unmenschliches Miteinander, Profitgier und Bereicherung, Ausbeutung und Vereinzelung – zeigt sich, dass das Thema „Reifung“ jeden betrifft. Dennoch ist das Thema der menschlichen Reifung nach wie vor nicht in der Öffentlichkeit angekommen. Es ist ein Tabuthema. Denn die Aufmerksamkeit auf unreife Verhaltensweisen zu lenken, bei sich und anderen, beschämt und kränkt.

Mehr als 60 Referenten werden beim diesjährigen Heiligenfelder Kongress Antworten auf die Fragen geben, wie Reifung geschieht und welche Reifungsmodelle es gibt. In mehr als 20 Vorträgen und über 40 Workshops geben sie Impulse, wie Menschen im Verlauf ihres Lebens reifen, was Reifung behindert und was ein individuelles und kollektives Reifen fördert.

Reife und Unreife

„Unsere Evolution bringt Lebewesen zum Wachsen und zur Entfaltung. Reife Menschen fallen positiv in der Gesellschaft auf“, sagt Anita Schmitt, Leiterin der Akademie Heiligenfeld. „Sie sind bedingungslos im Geben und messen ihren Wert nicht in materiellen Gütern oder Beliebtheit. Sie stellen sich dem Wettbewerb, aber konkurrieren nicht. Sie empfinden einen hohen Freiheitsgrad, sind offen, interessiert und bewertungsfrei. Sie sind empathisch, liebevoll, gütig und herzlich. Sie reflektieren sich, ohne sich zu vergleichen, sind authentisch und gelassen. Sie leben in Beziehungen, übernehmen Verantwortung und dienen einer lebensfreundlichen Welt. Gleichzeitig findet jedoch eine zunehmende Vereinzelung und somit Vereinsamung als Folge unseres Strebens nach Selbstverwirklichung, Bedürfnisund Augenblicksbefriedigung sowie Gewinnmaximierung statt. Unreife Verhaltensweisen zeigen sich, wie fehlende Übernahme von Verantwortung, Angst, Bewertung und Schuldzuweisung. Organisational und gesellschaftlich zeigt sich Unreife zum Beispiel in Abgrenzung und zunehmender Reglementierung. Streben und Handeln im Bewusstsein der Würde des Menschen könnte die Orientierung für unser Denken und Tun geben. Ziel wäre ein liebenswertes Leben. Das Prinzip der Kooperation und die Orientierung am Gemeinwohl könnte organisational und gesellschaftlich die Lösung sein.“ Christian Felber geht in seinem Vortrag „Die GemeinwohlÖkonomie“ auf das ethische Wirtschaftsmodell ein, welches nicht auf Gewinnstreben und Konkurrenz, sondern auf Gemeinwohl-Streben und Kooperation baut und somit auf humane Grundwerte, die Beziehungen gelingen lassen.

Durch Beziehung reifen wir

Im Vortrag von Albert Pietzko „Reifung durch Reibung“ wird eines deutlich: Reifung ist ein Prozess gegen Widerstände. Durch jede Art von Beziehungen reifen wir. Dabei ist es unwichtig, ob es gute oder schlechte Kontakte und Bindungen sind. Gewalt, Misserfolg, Konflikte und Lieblosigkeit können ebenso nützlich sein wie Nähe, Freude und Verbundenheit. Beides sind Erfahrungen, die reifen lassen. Beachtlich ist auch, dass Beziehung zu einem Tier Menschen ebenso reifen lässt wie Beziehung zu einem Menschen. Ebenso muss es nicht eine irdische Beziehung sein, auch der Bezug zu Gott und die Einordnung in ein höheres Ganzes geben Impulse für das Reifen. Es ist das „Du“, was einen Reifungsprozess fördern kann.

Von der Natur lernen

„Unsere Erde, eine Liebeserklärung an die Zukunft“ – Dr. Franz Alt möchte in seinem Vortrag Lust darauf machen, die Zukunft zu gestalten. Dabei geht er auf die Politik, die Gesellschaft, aber auch auf unsere schützenswerte Natur ein. „Von der Natur können wir für unseren Reifungsprozess viel lernen“, sagt Anita Schmitt. „Der biologische oder chemische Prozess des Reifens, zum Beispiel bei Lebensmitteln, führt zur Genießbarkeit, Veredelung oder Konservierung. Es ist eine langfristige Orientierung am Guten. Auch der Jahresverlauf mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter zeigt uns, dass es verschiedene Phasen im Leben gibt: das Erblühen, Reifen, Ernten sowie eine brachliegende stille Zeit; zeigt uns, dass es nicht immer höher, schneller, weiter ohne Pausen gehen muss“, ergänzt sie.

„Die Jahreszeiten sind ein Beispiel für bewusstes ressourcenschonendes und ökologisch-ökonomisches und soziales Handeln. Pflanzen wachsen, wirken in ihrer Schönheit, pflanzen sich fort durch ihre Pollen und Samen und welken bis hin zur Vergänglichkeit. Ein Kommen und Gehen ist natürlich, und das sollten wir uns wieder mehr bewusst machen und das Festhalten loslassen“, appelliert Anita Schmitt.

Namhafte Referenten aus Medizin und Psychotherapie, Schule, Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft geben hierzu Impulse, wie zum Beispiel der international gefragte Referent Christian Felber, die Autorin Annette Kaiser sowie Professor Dr. Bernhard Pörksen, Dr. Joachim Galuska (Gründer und Gesellschafter der Heiligenfeld Kliniken), Dr. Franz Alt (Fernsehmoderator der Sendung „Transparenz TV“), Professor Dr. Rolf Verres (Ärztlicher Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie, Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen und Sachbücher) u. v. m.

„Wir sind gefordert, Verantwortung für unseren eigenen Reifungsprozess zu übernehmen, um das eigene Leben zum Blühen zu bringen, unsere Beziehungen blühen zu lassen und einen verantwortlichen Beitrag zur Reifung unserer Arbeitsfelder und unserer Welt zu leisten“, schreibt Dr. Joachim Galuska im Vorwort zum Kongress „Reifung“, der vom 14. bis 17. Mai 2020 (Termin ist abgesagt) in Bad Kissingen stattfindet.

Weitere Informationen mit dem gesamten Kongressprogramm finden
Sie unter: www.kongress-heiligenfeld.de
Text: Anita Schmitt, Grafik „Reifung“ Uta Galuska

Foto(s): Heiligenfeld

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