Sie hat Dinge erlebt, über die sie mit niemandem sprechen möchte. Ihre Mutter hat sie aus der Wohnung geschmissen. Seit Jahren lebt sie nun auf der Straße und in Obdachlosenheimen.
Hangelt sich von Job zu Job, gerät in kriminelle Kreise, wird straffällig. Das Gericht verurteilt sie zu einer Geldstrafe, die sie als gemeinnützige Arbeit ableisten kann. Nun steht sie im Büro des Kinderhauses und fragt, ob wir einen Platz für sie haben.
Sie hat nichts Schmuddeliges an sich. Sie riecht auch nicht nach Alkohol. Sie ist gefallen, aber nicht am Boden zerstört. Sie möchte aufstehen und hält uns ihre Hand hin. Sie habe vielleicht eine Wohnung in Aussicht. Sie lächelt vorsichtig.
Kannst du dir vorstellen, fragen wir sie, die Dinge zu machen, für die die Erzieherinnen keine Zeit haben? Die Küche in Ordnung halten? Die Spülmaschine ein- und ausräumen? Im Bad nach dem Rechten sehen? Dich um die Wäsche kümmern?
Sie nickt.
Christian Stahlhut